In einem denkmalgeschützten Gründerzeitgebäude in einer begehrten Lage am Rand der Stuttgarter Innenstadt haben ein Architekt und ein Textildesigner ihr neues Refugium gefunden. Sie beziehen dort eine Wohnung, die sich auf dem Grundriss in Form eines spitz zulaufenden Tortenstücks über zwei Geschosse erstreckt. Auf 290 m² erstreckt sich eine lebendige Wunderkammer, gefüllt mit Erinnerungsstücken und Inspirationen, die die beiden auf Reisen gesammelt oder in der Kunst gefunden haben.
Charakteristisch für die Entstehungszeit des Gebäudes ist der Zuschnitt mit einzelnen Zimmern, die sich um einen zentralen Flur anordnen, wurde nur behutsam und unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes angetastet, um ein großzügiges, offenes Spiel mit Durchblicken und Überlagerungen entstehen zu lassen.
Flur
Mit dem hellgrau gehaltenen, galerieartigen Flur bildet ein Kabinett, bestückt mit Reiseandenken den Auftakt. Zentrales Element ist eine Holzbank aus Indien, die in den Raum führt und die Sogwirkung des trapezförmigen Grundrisses noch verstärkt. Von hier aus durchzieht schwarzes Fischgratparkett die gesamte Wohnung, die der Raumabfolge etwas Fließendes verleiht und gleichzeitig ein grafisches Gegenstück zur bürgerlichen Gründerzeitarchitektur schafft.
Wohnzimmer
Die Spitze des Flures führt ins Wohnzimmer, ein salonartiger Raum mit starken Farbkontrasten, intensiven grafischen Elementen und großen Formen: Vor hellblauen Wänden steht ein zitronengelbes Bücherregal. Ein hochfloriger Teppich mit seinen großformatigen Geometrien und den kräftigen Farben sowie der Mustache-Chair sind selbst fast mehr Kunst als Möbel und werden doch durch die ausdrucksstarken Bilder und Objekte an den Wänden noch übertroffen. Zwei ineinander geschnittene runde Flächen an der Decke übernehmen das Kreisthema, das im Raum mehrfach angesprochen wird, und wirken wie Spotlights auf das Geschehen.
Esszimmer
Das Esszimmer dominieren textile Materialien wie die dunkelgrüne Seidentapete und Fundstücke von Reisen, darunter usbekische Ikatgewebe, indische Seidenstickereien, laotische Textilapplikationen und afrikanisches Losa-Flechtwerke. Eine Deckenmalerei von Alix Waline dynamisiert den Raum. Im Zentrum steht ein großer Tisch aus Palisander, um den herum verschiedene Stühle gruppiert sind. Ein Teil der Tischplatte ist schwarz lackiert. Die glänzende Oberfläche stellt Verbindungen zum Klavier und zu einem an der Wand hängenden Sideboard aus Räuchereiche her. Dessen partielle Lackierung wird zum durchbrochenen Spiegel und löst die Materialität des Möbels auf. Ein handgehäkelter Vorhang aus Papiergarn nimmt das textile Thema noch einmal auf abstrakte Art auf und steht im Kontrast zum schweren, eleganten kit-farbenem Baumwoll-Velour.
Erker
Esszimmer und Salon werden an den Enden durch ein kleines Erkerzimmer verbunden. Hier verschmelzen der grafische Charakter des einen und die textile Materialität des anderen Raums in einer eigens entworfenen psychedelischen Tapete. Sie fordert das Auge und schafft einen spannenden Hintergrund für farbstarke Kunstwerke. Im Kontrast dazu steht die ruhige, natürliche Materialwelt der Möbel und das intensive Licht, das durch goldfarbene Jalousien in den Raum fällt und diesen erstrahlen lässt.
Treppenzimmer
Vom anderen Ende des Salons führt eine asymmetrische, geschwungene Wandöffnung in das Treppenzimmer, der einzige Raum in dem das originale Eichenparkett erhalten ist. Die Wände bedeckt hier vollständig eine handgedruckte englische Tapete mit einem opulenten Dschungelmotiv. Die exotische Atmosphäre wird durch ein lebensgroßes Holzpferd, ein archaisches Artefakt aus Indien, das vor einer dunkelgrauen Rauchglaswand steht, noch verstärkt. Darüber schweben, einem Reiter aus Licht gleichend, aus einer Deckenöffnung zwei abgependelte Leuchten, die eine erste Verbindung zur oberen Etage herstellen. Erreicht wird diese über eine Treppe mit tief violetten Stufen und dunkelgrünem Treppenlauf.
Schlafzimmer
Vom Treppenzimmer führt eine zweiflügelige Tür in das Schlafzimmer, das gleichzeitig auch Bibliothek ist. Ein raumhohes Buchregal hängt vor der Längsseite und zieht den Blick in den Raum. Die verspiegelte Wand zur Ankleide verstärkt die Tiefenwirkung weiter. Das dunkle Holz der Regale und Sideboards sowie der elegante Farbton der Wand prägen die sanfte Stimmung im Raum. Ein aufgelegter Berberteppich und das Leder des Betts unterstützen den ruhigen, eleganten Eindruck. Durch eine versteckte Tür in der Spiegelwand gelangt man in die Ankleide. Den Raum füllen zwei große weiße Hängeschränke. Zwei kreisförmig eingeschnittene Spiegelflächen lösen das Volumen der Möbel auf.
Badezimmer
Rechterhand zum Flur liegt ein geräumiges Bad. Die lachsfarbene Gestaltung des Raums steht in harmonischem Dialog zum Muschelkalk des Bodens und einiger Wände. Mehrere Spiegelflächen erweitern den Raum und schaffen über die Spiegelungen optische Brücken in die anderen Räumen. Ein freistehendes Waschtischmöbel aus Palisander mit aufgesetztem Spiegelkörper schafft eine starke Mitte, um die sich eine freistehende Badewanne und eine Walk-In Dusche gruppieren. Schwarze Holzjalousien und eine schwarzes Punktraster an der Decke schaffen den notwendigen Kontrast in der weichen Stimmung.
Gästezimmer/Gym
Daran schließt sich das Gym an, das gleichzeitig als Gästezimmer genutzt werden kann. Zitronengelbe Wände, die in einem leichten Verlauf in die Decke übergehen, laden den Raum mit Energie auf. Ein raumhoher Wandschrank schafft Stauraum und bietet Platz für ein ausklappbares Gästebett. Gleichzeitig bietet er durch seine verspiegelten Fronten den passenden Hintergrund für den täglichen Work-out.
Küche
Die Küche am anderen Ende der Wohnung wird durch den eingestellten Küchenblock aus Edelstahl bestimmt. Kochen mit Freunden gehört zu den Leidenschaften der Bewohner. Originale Fliesen an Boden und Wand stehen im reizvollen Kontrast zu präzisen, scharfkantigen Einbauschränken aus Mineralwerkstoff. Ein freistehender runder Marmortisch bietet Platz für ein Essen in kleiner Runde.
Gäste-WC
Neben der Küche befindet sich die Gästetoilette. Der kleine Raum mit vielen Aufputzrohrleitungen wurde mit einer Vorsatzschale polygonal verkleidet. Die gefaltete Wirkung der Wände wird durch eine geometrische Bemalung wieder aufgelöst. Ein weich geformter Spiegel schafft den willkommenen Kontrast und lässt den Raum größer scheinen.
Obergeschoß
In der oberen Etage befindet sich das geräumige Arbeitszimmer mit einer privaten TV-Lounge. Das lichtdurchflutete Dachgeschoss hat Zugang zu einer großzügigen Terrasse, von der man in die Baumkronen der angrenzenden Allee schaut. Auf der anderen Seite bietet sich ein schöner Blick über Stuttgart. Das grüne Thema wird hier zum Programm: der Raum ist gefüllt mit Sukkulenten verschiedener Formen und Grüntönen. Ein Bett in einer der Gaupen bietet Platz für weiteren Besuch. Ein innenliegendes Badezimmer mit Dampfdusche und großzügiger Sichtbeziehung zum Raum und nach außen schafft ein sinnliches Zentrum.
Die Maisonette ist Museum der Erinnerungen und Showroom der Kreativität ihrer Bewohner gleichermaßen. Statt einer geschlossenen, durchgängigen Ästhetik erlebt man die Wohnung als Collage von verschiedensten Stimmungen. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit gehen sie eine Synthese ein, die in den einzelnen Räumen die Persönlichkeit der Bewohner widerspiegelt.